Flurfunk aus dem Homeoffice II
Homeoffice hin oder her — tägliche Routinen und ein geordneter Arbeitsplatz sind der Schlüssel zur Produktivität. In ihrem ersten Blogartikel führt unsere “Ms Tidy” Nina durch ihr häusliches Büro.
Schon in den Anfängen der Corona-Krise, vor allen offiziellen Beschränkungen, haben wir uns selbst nahegelegt, unsere Arbeitsplätze nach Hause zu verlegen. Als ansonsten leidenschaftliches Präsenz-Team ist diese Situation neu für uns. In unserer Flurfunk-Reihe erzählen wir von den Herausforderungen — und Annehmlichkeiten.
Ich möchte euch hier nicht mit Homeoffice-Ratschlägen behelligen, wie sie zu Beginn der Corona-Krise zu Hauf sprießten. Gefühlt beherrschen Artikel dieser Art gerade das Internet. Stattdessen möchte ich euch einen mehr oder weniger intimen Einblick von mir geben, wie ich diese (bis jetzt exakt) 26 Tage, 1 Stunde, 4 Minuten und 56 Sekunden zuhause im Homeoffice empfinde. Da ich das Glück habe, weiterhin arbeiten zu dürfen und zudem froh sein kann, als Web-Entwicklerin quasi vom Sofa aus das Internet verbessern zu können, brauche ich keine Tipps, wie ich meine kostbare Zeit nutzen kann, um mich gut zu fühlen oder nicht verrückt zu werden. Ja, meine To-Do-Liste ist zwar lang und ich arbeite ständig daran, aber irgendwann brauche ich auch mal eine Pause davon, die ich mit der Arbeit bekomme. ;)
Seit dem Beginn des kollektiven Homeoffice treffen wir (Entwicklerinnen und Entwickler im Tollwerk) uns einmal wöchentlich im Hangout, um Aufgaben zu verteilen, sicherzustellen, dass alle noch am Leben sind und für ein oder zwei Wortwitze von Kai, die uns zum Schmunzeln bringen. Dabei merken wir, dass uns die Distanz nicht auseinander bringen kann, wir aber doch den echten
Kontakt sehr vermissen … zumindest die große Mehrzahl von uns. :D
Ursprünglich dachte ich, ich würde in der Früh schwer aus dem Bett kommen, da es sich irgendwie trotzdem wie Urlaub anfühlt, wenn man das Haus nicht verlassen muss. Doch ich stehe zur gleichen Uhrzeit wie immer auf, fühle mich sogar ausgeschlafener. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass ich mir ganze zwei Stunden am Tag spare, die ich normalerweise zur Hälfte damit verbringe, vom Bett bis zur Haustüre zu kommen, und zum anderen Teil mit dem Fahrtweg. Einfach zwei Stunden less Stress. Ich stehe also auf, und bevor ich mich in die privaten Gemächer begebe, schalte ich meinen Laptop ein und öffne alle Programme. Danach schleiche ich in die Küche, wo ich mein Teewasser aufsetze. Ein frisch gekochter Tee jeden Morgen ist für mich unverzichtbar, für einen guten Start in den Tag … und ein richtig reichhaltiges Frühstück! Das besteht entweder aus einem super-riesen-Müsli mit frischem Obst, Nüssen und Samen, oder einem deftigen Angeberbrot, mit frischem Gemüse. In der Arbeit tut es oft auch eine Pfefferbreze mit Hummus — dazu muss ich gestehen, dass Brezen für mich zum Grundnahrungsmittel erster Wahl zählen, haha. Im Badezimmer angekommen, die Zähne geputzt, die Katzenwäsche erledigt, die Haare gerichtet, geht es schon ab an die Arbeit! Mehr passiert da nicht — außer es ist Montag und uns erwartet, wie vorhin schon erwähnt, die wöchentliche Video-Konferenz. Da werden dann ausnahmsweise noch Pickel und eventuell auftretende Augenringe abgedeckt und die Wimpernzange betätigt. Ich bin nicht einer dieser Menschen, die sich komplett ausgehfertig machen müssen, um den Arbeitstag zu meistern. Ich sage euch — mit Leggins und Kapuzenpulli zu Coden ist ein Segen und ich bin genauso produktiv! Keine Jeans, die nach dem Mittagessen auf den Bauch drückt, kein Oberteil, welches das Mittagsmenü fleckenfrei überstehen muss. Was ich gerade ganz besonders genieße, ist, dass ich es mir herausnehmen kann, direkt nach dem Aufstehen einfach mal eine Runde um den Wöhrder See zu radeln. Das war bisher leider keine Option, sonst wäre ich viel zu spät im Büro. :D
Wo wir schon beim Lunch sind. Das verbringt das Tollwerk ja traditionell immer gemeinsam, mit frisch gekochtem Essen (meistens zumindest, wenn nicht gerade so viel zu tun ist, dass wir uns ausnahmsweise etwas beim Imbiss um die Ecke bestellen) und philosophischen Fragen wie: Wie viele Pizzen passen in einen Container?
! Je unspezifischer die Fragen sind (und diese viele weitere Fragen aufwerfen), desto wagelustiger die Vermutungen und kurioser die Theorien! In dieser halben Stunde of head relaxation
wurden schon Neologismen erfunden und das vom Laien selbst definierte Allgemeinwissen
um einiges erweitert! Meine Mahlzeit besteht gerade aus den Resten des am Vortag liebevoll zubereiteten Abendessens, aufgewärmt in der Mikrowelle … da fehlt schon etwas.
Meinen Arbeitsplatz im Tollwerk habe ich in den 4 Jahren, in denen ich dort schon arbeite, stetig perfektioniert. Alles hat seinen Platz, nichts ist zu viel, nichts zu wenig. So lag mir viel daran, meinen improvisierten Schreibtisch im Wohnzimmer, nahe an das Original im Büro anzugleichen. Ein, zwei Pflanzen, Thermoskanne & Tasse, Notizblock, Stifte, Lippenpflege. Mein MacBook thront auf einem Podest halb gelesener PAGE-Zeitschriften von 2013-2017. Und was fehlt? Ein zweiter Bildschirm, bzw. große Bildschirme. Ich dachte, die Lösung wäre ein weiterer Laptop, geliehen vom CoderDojo. Aber wenn man kein Verbindungskabel zur Synchronisation der beiden Monitore hat, kommt man schnell unnötig durcheinander, mit zwei Mäusen und zwei Tastaturen! Förderlich ist anders, weshalb der kleine Linux auf die Rückkehr zu seinen Freunden wartet. Mit einem 13"-Laptop arbeitet es sich unerwarteter Weise gut, vielleicht auch deshalb, weil ich auf meine ergonomische Maus und Tastatur nicht verzichten konnte. Vieles ist möglich, wenn man sich darauf einlässt. Nach dem ersten Tag zuhause stellte ich fest, dass ich mich mit einem Teil nicht anfreunden konnte: Und zwar meinem Küchenstuhl! Kein Drehen, kein Rollen! Kein weiches
Sitzpolster! Ich beschloss, am nächsten Tag die weite Reise auf mich zu nehmen, um einen halben Bürostuhl, den ich gerade so tragen konnte, aus dem Tollwerk mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu mir zu hieven (vielleicht sollte ich mir mal überlegen, im Stehen zu arbeiten?)! Er hat keine Lehne, sie war irgendwann abgebrochen, aber jetzt bin ich so froh, ihn nicht schon auf den Recyclinghof verbannt zu haben. Und Rollen und Drehen sind wichtiger als eine Lehne.
Und überhaupt, ich mag das Arbeiten von den eigenen vier Wänden aus gern, aber genauso vermisse ich auch so einiges — Klaus, kannst du mir da mal kurz helfen?
, Jolanta, wo finde ich diese eine Datei?
Wurde einfach durchs Büro gerufen, geht gerade alles über den Mattermost-Chat. Meine Freizeit verbringe ich mit Aufgaben meiner To-Do-Liste (wie oben schon angerissen), die von Wohnung aussortieren
und Fremdwörter-Karteikarten schreiben
über Zeichnen
gehen, bis hin zu die kompletten Game of Thrones Staffeln ansehen
.
Im Endeffekt kann ich kein Statement abgeben, was mir besser gefällt. Oder noch nicht. Vielleicht muss ich das auch gar nicht. Es funktioniert gerade gut, alles andere werd ma scho sehn
.
Dies war mein erster Blogbeitrag überhaupt. Und wenn alles gut gelaufen ist, dann arbeiten wir noch heute.