Um die Konsistenz und konsequente Nutzung eines Corporate Designs sicher­zustellen, werden Gestalt­ungs­konzepte schon lange in sogenann­ten Styleguides dokumentiert. Eines der bekann­testen Beispiele ist das NASA Graphics Standards Manual aus dem Jahr 1976. Insbe­sondere dann, wenn schnell­lebige digitale Medien eben­falls Bestand­teil sind, stellen sich beson­dere Anfor­der­ungen an den Aufbau, die Nutzung und konti­nuier­liche Anpassung solcher Systeme. Bei Gestaltungs­richtlinien, die sich laufend mit einem Produkt verändern, spricht man häufig von Living Styleguides.

Design-Muster

Das Design eines digitalen Produkts stützt sich nicht allein auf visuelle Artefakte. Vielmehr tragen verschie­dene Muster (englisch: Pattern) zur Gesamt­erschein­ung bei:

  • Wahrnehmungsmuster (Perceptive Patterns), die durch visuelle oder auditive Stil­angaben und Ausdrucks­formen die Art und Persön­lichkeit eines Produkts prägen
  • Verhaltensmuster (Functional Patterns), die Gestaltungs­merk­male in Kontext zuein­ander setzen und bestimm­tes Nutzungs­verhalten ermög­lichen und unter­stützen
  • Komplexere Muster (interaktive Abläufe und Persuasive Patterns), die domänen­spezi­fische Prozesse realisieren (etwa den Kauf­prozess in einem Online-Shop oder das Auf­geben einer Klein­anzeige) und Nutzende zu bestimm­ten Handlungen bringen sollen (etwa das Eröffnen eines Kontos oder der wieder­kehrende Besuch einer Website)

Darüber hinaus spielen individuelle Prinzi­pien, Strate­gien und Ziel­setz­ungen eine Rolle, die am Ergebnis nicht immer unmittel­bar abzulesen sind. Erfahrungs­werte der Vergang­enheit, Recherche­grund­lagen und Resultate aus einer frühen User-Experience-Design­phase (etwa Personas oder User Journeys) nehmen ebenso Einfluss auf die Aus­gestaltung eines Produkts.

Die Gesamtheit aller produkt­rele­vanten Gestalt­ungs­grund­lagen bildet ein Design-System, doch nur ein Teil dieser Grund­lagen lässt sich effektiv dokumen­tieren und wieder­geben. Aus­schnitte eines Design-Systems können in einer Muster­bibliothek (englisch: Pattern Library) abgebildet und für Anwendende nutzbar gemacht werden.

Komponenten

Vor allem bei komplexen Design-Systemen ist es notwendig, die Vielzahl von Möglich­keiten in einzelne Bausteine oder Kompo­nenten zu gliedern. Im digitalen Kontext kommt dies dem Ansatz des Component Driven Development (CDD) entgegen, der sich in den letzten Jahren in der Software­entwick­lung etabliert hat. Durch die Modu­lari­sierung umfang­reicher Ober­flächen wird Konsis­tenz in der Anwen­dung und Effizienz durch Wieder­verwend­barkeit erreicht. Kompo­nenten lassen sich individuell entwerfen, entwickeln, testen und optimieren. Kombiniert ergeben sie komplexere Einheiten, die trotzdem weiterhin allen Gestal­tungs­vorgaben entsprechen. Der Vergleich mit einem Lego-Bausatz ist durchaus realistisch: Auch hier ergeben kleine, genormte Bausteine zusammen ein großes Ganzes.

Pattern Libraries, oder Kompo­nenten­biblio­theken, erfüllen im Wesentlichen zwei Aufgaben:

  • Während der Entwicklung eines Produkts dienen Sie als digitale Werkbank und Plattform, auf der sich Projekt­beteiligte zum Konzept, Design und zur Funktion austauschen können. Noch vor der Fertig­stellung sind Kompo­nenten hier einsehbar und können individuell bedient und getestet werden.
  • Nach der Fertig­stellung eines Produkts dient die Bibliothek als Archiv, Doku­menta­tion und Hilfe­stellung für zukünftige Weiter­entwick­lungen, Ableitungen oder Verbes­serungen.

Komponenten­basiertes Design fordert den Projekt­beteiligten vor allem das Vermögen ab, Ziel­vorstel­lungen abstrahieren und von unten nach oben denken zu können: Am Anfang steht nicht das komplette Design, sondern seine kleinsten Einheiten. Erst im Laufe der Entwicklung ergeben sich die größeren Zusammen­hänge — diese dann aber fast automatisch.

Screenshot einer Komponentendarstellung in der Fractal-Komponentenbibliothek
Fractal Pattern Library

Darstellung einer Tablist-Komponente im Living Styleguide (Fractal-Komponentenbibliothek)

Fractal

Bei der Entwicklung von Websites setzen wir nahezu standard­mäßig auf projekt­spezifische Pattern Libraries. Wir nutzen als Basis die Open-Source-Software Fractal, die sich für unsere Zwecke als besonders geeignet erwiesen hat — doch auch andere, bis hin zu indivi­duellen Ansätze sind denkbar. Durch eigens entwickelte Module für Fractal und TYPO3 sind wir in der Lage, absolute Synchro­nizität zwischen tatsäch­lichem Produkt — einer TYPO3-Website — und der beglei­tenden Kompo­nenten­bibliothek sicherzustellen. Unsere Kundschaft erhält auf Wunsch kontinu­ierlichen Einblick in die browser­basierte Bibliothek und kann so durch­gehend und aktiv am Entwick­lungs­stand teilhaben.

Die Nutzung entwick­lungs­beglei­tender Pattern Libraries hat sich für uns bereits vielfach bewährt und ist aus unserer Praxis nicht mehr wegzu­denken. Einen detail­lierten Einblick, welche Vorteile Fractal für ein Projekt bringt, liefert unser Projekt­bericht zur Website für Fischer Automobile.