Dieser Kodex gibt der kollegialen Führung im Tollwerk eine formelle Basis. Er sichert die minimal notwendige Struktur, auf der wir aufbauen und mit der wir uns gegenseitig verantwortlich halten. Wir wollen auf sinnvolle, gesunde und nachhaltige Weise in unserer Arbeitsgemeinschaft wirken und unsere Persönlichkeiten selbstverantwortlich einbringen. Wir schaffen damit einen emotional sicheren Ort, an dem wir nicht ausbrennen, sondern lernen und wachsen.

So wie sich unsere Organisation fortlaufend verändert, ist auch dieser Kodex als lebendiges Dokument zu begreifen. Er findet fortwährend Anwendung, muss sich bewähren und wird bei Bedarf korrigiert und ergänzt. Die Pflege des Kodex ist Aufgabe des Steuerungskreises. Teil A enthält die übergeordneten Grundsätze, im Teil B erfassen die Arbeitskreise spezifische Festlegungen.

Teil A

§ 1 — Einfach mutig

Als kollegial geführte Organisation brauchen wir einfache Regeln, die uns bei der Selbstorganisation unterstützen und unserem gleichrangingen Miteinander einen verlässlichen Rahmen geben. Unser Kodex bestimmt nur das Nötigste — gerade genug als gemeinschaftliche Basis. Darüber hinaus vertrauen wir auf ein geteiltes Sinnverständnis und die verantwortungsvolle Umsetzung in unseren Kreisen.

§ 2 — Unsere Werte / unser Wert

Wir gestalten Informationen zugänglich für alle und befähigen zur souveränen Teilhabe.

Unser responsiver Leitsatz formuliert unseren Daseinszweck und gibt uns Orientierung bei der Ausrichtung unseres Handelns, im Großen wie im Kleinen. Er skizziert, wie, woran und für wen wir arbeiten wollen und welche Werte uns dabei leiten. Wir suchen die Augenhöhe mit unserem Gegenüber und bemessen den Wert unserer Leistung am Sinn und Nutzen, den wir zu stiften vermögen.

§ 3 — Primat der direkten Wertschöpfung

Der Wert unserer Arbeit bemisst sich am Nutzen für den Markt und unsere Umwelt. Je unmittelbarer die Wertschöpfung, umso mehr Verantwortung tragen die Beteiligten für unser Team. Die Autorität in unserer Organisation geht deshalb von den wertschöpfenden Kreisen aus — nicht von einer zentralen Verwaltung. Die inneren Funktionen unterstützen und koordinieren, ohne zu kontrollieren.

§ 4 — Entscheidungen per Konsent

Gut genug für jetzt? Sicher genug für einen Versuch?

Der Konsent ist unser zentrales Beschlussprinzip. Ein Vorschlag gilt als angenommen, wenn kein schwerwiegender, argumentierter Einwand im Hinblick auf unser gemeinsames Ziel (mehr) besteht. Ein Einwand ist kein Veto, sondern zeigt eine unberücksichtigte Perspektive auf, die sinnvoll integriert werden muss. Einfache Bedenken werden dokumentiert, halten aber einen Beschluss nicht auf. Per Konsent legitimiert können Kreise auch Alternative Beschlussformen sind beispielsweise die dauerhafte oder befristete Ermächtigung Einzelner, der konsultative Einzelentscheid, systemisches Konsensieren oder die demokratische Wahl. für sich nutzen.

§ 5 — Selbstorganisierte Arbeitskreise

Wir organisieren uns in unabhängigen Arbeitskreisen. Jeder Kreis verfolgt einen wohldefinierten Zweck, handelt eigen- und ergebnisverantwortlich und hat innerhalb seiner Domäne absolute Gestaltungsfreiheit (Kreisautonomie). Er bestimmt selbständig über seine Struktur, Verantwortlichkeiten, Art und Frequenz von Arbeitstreffen, Werkzeuge und Entscheidungsmethoden. Er benennt eine Gastgeberin oder einen Gastgeber und macht sein Profil den übrigen Kreisen zugänglich.

Unsere Kreise stehen im Austausch miteinander, unterstehen sich aber gegenseitig nicht. Es gilt ein Dialog- und Konsultationsgebot mit benachbarten Kreisen, wenn diese durch eine Aktivität beeinflusst werden. Die Kompetenz, Probleme zu lösen, entsteht nur dort, wo Aufgaben weder weitergereicht, noch weggenommen werden können. Ein Kreis kann seine Verantwortung daher nicht veräußern. Die Umsetzungsinitiative geht immer von den Mitgliedern aus (Pull-Prinzip) und wird nicht von außen verordnet oder vorgesetzt (Push-Prinzip).

§ 6 — Emergente Kreisentwicklung

Die permanenten Arbeitskreise Plenum, Steuerung und Geschäftsleitung bilden zusammen die handlungsfähige Am Plenum sind alle Mitglieder der Organisation beteiligt — seine Domäne ist universell und es bildet immer dann die letzte Instanz, wenn kein spezialisierterer Kreis zuständig ist (Subsidiaritätsprinzip). Die Steuerung gründet, formt und löscht periphere Kreise, wenn dadurch der Organisationszweck besser erfüllt werden kann. Die Geschäftsleitung stellt die formal notwendigen Leitungsfunktionen, gibt der Organisation ein Gesicht und behütet die kollegiale Struktur. unserer Organisation. Zur Verwirklichung des Organisationszwecks bilden sie nach Bedarf zusätzliche, periphere Kreise:

  • Wertschöpfende Teams für die operative Projektarbeit
  • Unterstützende & koordinierende Dienste zur Bereitstellung von Informationen, Strategien und Infrastruktur
  • Kollegiale Gilden zum Austausch und für kulturell-soziale Zwecke

§ 7 — Kreismitgliedschaft und Aktivitäten

Ein Kreis besteht ab seinem ersten Mitglied. Sofern er nichts anderes Eine Ausnahme stellt etwa die Geschäftsleitung dar: Sie besteht fest aus den formaljuristischen Funktionsträgern der Gesellschaft sowie einer weiteren, vom Plenum befristet gewählten Beirät*in., sind alle Mitglieder gleichgestellt und können jederzeit bei- und austreten.

Kreise verfolgen ihren Zweck mitunter in offenen Arbeitstreffen. Sie organisieren eigenverantwortlich operative, taktische, strategische, retrospektive und andere, kreative Formate. Die Gastgebenden planen und leiten die Treffen, Achtgebende stellen die Einhaltung der Verantwortlichkeiten sicher. Nur ständige Mitglieder nehmen an Beschlüssen teil. Termine, Agenden, Protokolle und andere Arbeitsergebnisse werden den übrigen Kreisen unaufgefordert, transparent, zeitnah und dauerhaft zugänglich gemacht.

§ 8 — Partizipative Teamentwicklung

Wir streben nach Arbeit, die uns stärkt, statt uns zu schwächen, und die uns als Menschen im Mittelpunkt sieht. Auf Basis unseres Quantum-Systems bestimmen wir regelmäßig unsere persönlichen Standorte und passen unser Team-Gefüge kontinuierlich an die Gegebenheiten an. Unsere Gehälter bestimmen wir offen und im Rahmen dieses partizipativen Prozesses.

Die Steuerung gliedert die Aufgaben unserer Organisation in sinnvolle, schlüssige Rollen und moderiert ihre Vergabe. Jede Rolle ist einem Arbeitskreis zugeordnet oder besteht unabhängig. Die Mitglieder nehmen im verantwortlichen Einvernehmen neue Rollen an, halten oder wechseln sie. Durch individuelle Kombination entstehen flexible Wirkungsprofile, die uns stärkenorientiertes Arbeiten erlauben und unsere persönliche Entwicklung fördern. Unbesetzte Rollen werden angepasst, aufgelöst oder zeitnah neu vergeben.

§ 9 — Spannungen und Konflikte

Auch und gerade in einer kollegialen Gemeinschaft kann es zu Spannungen und Konflikten kommen. Konflikte behindern eine angstfreie Kultur und schwächen damit die ganze Organisation. Die Klärung sozialer Probleme lässt sich deshalb nicht aufschieben und hat hohe Priorität. Wer eine ungelöste Spannung erkennt, auch bei anderen, hat unabhängig von seinen Zuständigkeiten die Verantwortung, darauf zu reagieren und einen angemessenen Klärungsprozess anzustoßen.

Wir lösen Konflikte in vier Stufen:

  1. Die Beteiligten gehen dem Konflikt nicht aus dem Weg oder sprechen nur mit Außenstehenden, sondern suchen aktiv den direkten Dialog und bemühen sich um eine Lösung miteinander.
  2. Kann keine Lösung gefunden werden, einigen sich die Beteiligten auf eine Kolleg*in, der sie beide vertrauen, und ziehen diese als Impuls- und Ratgeber*in hinzu. Die Kolleg*in unterstützt beim Finden einer Lösung.
  3. Kann auch auf diesem Weg keine Lösung gefunden werden, wird der Konflikt dem Plenum vorgetragen. Das Plenum kann zwar keine Lösung erzwingen, aber es unternimmt den ernsten Versuch, vermittelnd zu unterstützen.
  4. Gelingt es auch dem Plenum nicht, die Beteiligten zu einer Lösung zu begleiten, so führt die Geschäftsleitung in aller Konsequenz eine Entscheidung herbei, die den Konflikt beendet.

Betrifft ein Konflikt mehrere Personen, bereitet die bilaterale Klärung einem Mitglied übermäßiges Unbehagen oder ist die Lösung des Konflikts für die ganze Organisation wichtig und wissenswert, dann kann alternativ das Clear The Air-Format zur Lösung herangezogen werden.

Teil B

In diesem Teil des Kodex dokumentieren die Arbeitskreise spezifische Festlegungen, die sich aus der jeweiligen Kreisarbeit ergeben. Wir stellen ihn nicht im Internet dar.