Accessibility Club Summit 2024
- Einblick
- Ereignis
Am 8. und 9. Juni fand in Amsterdam das Accessibility Club Summit 2024 statt. Accessibility-Enthusiast*innen aus ganz Europa und darüber hinaus kamen zusammen, tauschten sich aus und teilten Ihr Wissen.
Vor etwas über 10 Jahren begann Joschi zusammen mit unserem Team Veranstaltungen zu organisieren. Dabei ist das Zusammenbringen der Community, der kollegiale Austausch und das Teilen von Wissen und Erfahrungen immer von großer Bedeutung.
Eine dieser Veranstaltungen ist der Accessibility Club, ein Treffen für Webworker rund um digitale Barrierefreiheit und assistive Technologien. Im Juli 2014 fand er zum ersten Mal als winziges Meetup mit 10 Teilnehmenden im Coworking Nürnberg statt. Seit damals pendelt er zwischen Nürnberg, Berlin, Düsseldorf und München — in Form eines eintägigen Meetups, als eintägige Konferenz mit geladenen, internationalen Vortragenden oder als 2-tägiges Accessibility Club Summit. Das Summit wird kollaborativ von Meetups aus ganz Europa organisiert und besteht aus einem BarCamp- und einem Workshop-Tag.
Zum 10-Jährigen findet das Summit zum ersten Mal außerhalb Deutschlands statt. Joschi und Vasilis van Gemert bringen es an die Hogeschool van Amsterdam.
Auf nach Amsterdam
In den letzten Wochen und Monaten ist viel passiert: Der “Call for Presentations” musste geschrieben, die Workshops organisiert, die Website befüllt und die Veranstaltung bekannt gemacht werden — nicht zu vergessen die vielen kleinen Handgriffe, die nicht minder wichtig sind. Insbesondere die letzten Tage vor der Veranstaltung waren für Joschi lang und die Nächte kurz.
Am Freitag in aller Frühe und mit großem, schwerem Koffer voller Technik und Lanyards machen sich Joschi und Kai auf den Weg. Die beiden wollen möglichst früh in Amsterdam sein. Es lockt der CSS Day — sei es, um noch ein paar Leute beim “After Conference Drink” auf das Summit zu locken, oder um altbekannte Gesichter zu treffen. Ich will aus Hamburg erst am späten Vormittag starten.
Kurz bevor ich mich auf den Weg mache, erfahre ich, dass die beiden zwar im Zug sitzen, jedoch in eine andere Richtung als geplant, aber immerhin. Zugausfall und Verspätung führen letztendlich dazu, dass wir ab Osnabrück überraschenderweise die verbleibende Reisezeit gemeinsam verbringen. Davon ausgehend, dass es im Eurocity kein Bordbistro gibt, will ich den beiden etwas Gutes tun und organisiere auf dem Bahnsteig in Osnabrück bei Olaf einen frischen Kaffee, schließlich sind die beiden schon seit 7 Stunden unterwegs und es ist gerade einmal Mittag.
Als ich an den Platz komme, sitzt Joschi natürlich vor dem Laptop und nutzt die zusätzliche Zeit für letzte Vorbereitungen. Eine Sprecherin musste aus gesundheitlichen Gründen absagen, Ersatz ist zu organisieren und entsprechende Kommunikationskanäle müssen aktualisiert werden.
Ankunft
Nach Ankunft in Amsterdam fahren wir als Erstes zur Hochschule, um die Räumlichkeiten zu inspizieren. Wir treffen mit Vasilis letzte Absprachen und meistern mit Stefan, der uns beim Filmen und Livestreamen unterstützt, technische Herausforderungen. Das Equipment ist schnell verstaut, der große Koffer abgestellt und die Tatsache verdaut, dass wir morgen eine halbe Stunde später als gedacht in der Hochschule Einlass finden. Außerdem stellen wir fest, dass der Zugang zur Hochschule am Samstag ein anderer ist als bisher angenommen. Wie so oft plant Joschi ein To-do für „heute Nacht“: ein Newsletter mit letzten Updates (Wegbeschreibung) muss noch rausgeschickt werden.
Doch so weit sind wir noch nicht. Dank Astrids Initiative treffen wir uns heute Abend mit ein paar Leuten zum Essen. Sie hat gestern einen geeigneten Ort auskundschaftet, nachdem sie über das A11yClub-Slack-Team entsprechende Interessenten eingesammelt hat. Ein schönes Beispiel, das zeigt, wie viele helfende Hände zum Gelingen beitragen — sei es, indem sie den Check-In übernehmen, die Präsentierenden bei Bedarf unterstützen, Fotos machen, dem Awareness-Team angehören oder eben ein Abendessen organisieren.
Im Kool, einem Pop-up-Restaurant mit viel Platz und vielversprechendem veganem Essen, versammeln wir uns mit über einem Dutzend Personen. Wir stimmen uns mit bekannten und neuen Gesichtern auf den nächsten Tag ein und sind alle voller Vorfreude. Das Summit hat damit gefühlt schon begonnen. Noch ein Kaltgetränk in der nächsten Bar und Joschi verschickt um 0:44 Uhr den vorerst letzten Newsletter.
Der Summit-Tag
Das Frühstück fällt recht knapp aus. In einem uns allen bekannten Fast-Food-Restaurant (dessen Service die Bezeichnung “Fast” heute nicht wirklich verdient), gibt es einen Kaffee. Pünktlich um 8:30 Uhr sind wir an der Hochschule. Alles muss schnell gehen und jeder Handgriff sitzen, um die nicht vorhandene halbe Stunde einzuholen. Schnellstens müssen wir die Wegweiser aufhängen, damit die frühen Teilnehmenden zu “Accessibility 101” von Nasia Makrygianni und Oliver Vaupel finden. Die Session richtet sich an alle, die neu im Bereich der Barrierefreiheit sind und sich vor der eigentlichen Veranstaltung mit den grundlegenden Konzepten und Begriffen der Barrierefreiheit vertraut machen möchten.
Während oben die 101-Session läuft, bestuhlen wir unten die “Media Lounge”. Marc, Christa und Chris bereiten den Check-In vor und Joschi, Vasilis, Kai und Stefan die Technik für Livestream und Live-Untertitelung. Die Technik in der kurzen Zeit aufzusetzen scheint mir eine einigermaßen schweißtreibende und blutdrucksteigernde Angelegenheit zu sein.
Die Uhr tickt. Während Stecker gesteckt und Monitore zum Leben erweckt werden, füllt sich die Summit-Halle schnell mit Publikum. Ein buntes Treiben entsteht und alle freuen sich über Wiedersehen, Kennenlernen und ausgiebige Gespräche. Schnell verbreitet sich das Wissen, wo die Kaffeemaschine steht und niemand bemerkt, dass wir zeitlich etwas in Verzug sind.
Opening
Es geht los. Joschi und Vasilis eröffnen das Accessibility Club Summit 2024! 10 Jahre A11yClub. Eine stattliche Zahl, wie ich finde. Noch dazu sind in den letzten Jahren gleichnamige Ableger in Turku (Finnland) und Minsk (Weißrussland) dazugekommen. Spin-Offs in Wien und in den Niederlanden waren in Vorbereitung, als Corona kam und sie leider im Keim erstickte. (Wie sich nach diesem Summit herausstellt, könnte sich aber bald etwas in Frankfurt anbahnen. Ich bin gespannt!)
Wir starten in das Programm mit einer Präsentation von Jennison Asuncion, Mitgründer des Global Accessibility Awareness Day (GAAD) und der GAAD Foundation, mit dem Titel “Who We Are and What We Do”. Jennison erklärt, wie die Stiftung funktioniert und wie sie weltweit Barrierefreiheits-Initiativen unterstützt.
Sessions und Vorträge
Dann geht es ans Planen der BarCamp-Sessions. Es dauert nicht lange und der Bann ist gebrochen: 15 Personen aus dem Publikum melden sich nach und nach. Sie stellen ihre mitgebrachten Themen oder Fragestellungen vor und stehen später als Gastgebende ihrer Session zur Verfügung.
Folgende BarCamp-Sessions sind zusammengetragen worden:
- Accessiblity Automation, Manon
- Country Regulation Tetris, Stefan
- Alt-Text Bugfixing, Vasilis
- Wizard of Oz, Oliver
- Accessibility Careers, Jennison
- Accessibility Maturity, Erik + Ronny
- You're Burning Your Money, Marc
- Selling Accessibility, Holger
- UX Handover, Kitty
- Involve the Youngsters, Marieka
- How can IAAP support the Dutch Accessibility Community, Malin
- Accessibility in Governments, John
- Accessible Events, Anno
- Accessible Accessibility, Sabine
- Readable Accessibility, Manon
Parallel dazu präsentieren die Sprecherinnen und ein einzelner Sprecher in der Media Lounge die vorab kuratierten Vorträge:
- Embedding a11y in your design process, Nasia Makrygianni
- Decoding the Impact: Accessibility Overlays Through a Scientific Lens, Daniela Kubesch
- Modern CSS Upgrades To Improve Accessibility, Stephanie Eckles
- "Built-in” accessibility: blessing or curse? Hidde de Vries
- Android Accessibility: Do or Do, Glafira Zhur
- Navigating the Accessibility Journey: From Proof-of-Concept to Organisation Model, Anastasiia Batarei
Eindrücke
Der Tag ist vollgepackt mit bereichernden Vorträgen und Sessions. Es fällt mir schwer, Einzelne hervorzuheben. Statttdessen möchte ich lieber die Rückmeldungen aus der Community teilen. Alle berichten von spannenden Diskussionen, insbesondere in den BarCamp-Sessions. Viele sehen sich vor ähnlichen Herausforderungen, was den Austausch um so wertvoller macht.
Auch wenn ich mich in diesem Jahr auf die Vorträge konzentriert habe und die Sessions nur aus Berichten kenne, freue ich mich für alle, die sich aktiv eingebracht und eine Session vorgeschlagen haben.
Der Community-Gedanke steht beim Accessibility Club immer im Vordergrund — umso schöner, wenn die Energie überschwappt und sich alle wohlfühlen.
Finale
Kurz nach 17:00 Uhr kommen wir alle nochmal in der großen Halle zusammen. Joschi und Vasilis beschließen den Tag und verabschieden die Teilnehmenden. Während Joschi spricht, fahren auf halber Strecke (wie von Geisterhand und nicht zu stoppen) die Leinwände hoch. Im Laufe des Tages haben wir erfahren, dass wir bereits um 17:30 Uhr statt um 18 Uhr die Hochschule verlassen müssen. Joschi improvisiert den “Human Screenreader” und erzählt, was wir auf den vorbereiteten Folien gesehen hätten, wenn denn die Präsentation noch verfügbar wäre.
Wir schaffen den neuen Zeitplan, indem beim Abbau alle zusammenhelfen. Plaudern kann man auch noch draußen vor der Hochschule. Als sich Joschi später mit seinem großen Koffer voller Equipment aufmacht, um ihn im Hotel zu deponieren, setzt sich auch die Karawane von Teilnehmenden wie von selbst in Gang.
Ein Teil begibt sich wieder in das bewährte Pop-up-Restaurant, was bei unserer Ankunft mit 30 Personen jedoch nicht wirklich Begeisterung auslöst. Die Belegschaft ist nur zu zweit und wir gänzlich unangemeldet. Wir überzeugen, indem wir versprechen, mit nur 3 Gerichten, eingeschränktem Service und warmem Bier zurechtzukommen. Die andere Gruppe versammelt sich zum Essen 90 Meter weiter in einem indischen Restaurant. Für den weiteren Abend funken wir uns wieder zusammen, um noch ein Getränk in einem der mehreren „Gollems“ der Stadt einzunehmen. Wir wollen noch ein paar CSS-Day-Teilnehmende dort treffen. Bei der Gelegenheit werfen wir zum ersten Mal an diesem Wochenende einen Blick in die Straßen des trubeligen Zentrums und lassen die Atmosphäre der Stadt auf uns wirken. Gegen Mitternacht wackeln wir als Grüppchen in unser Hotel-Areal. Die letzten Worte, die wir von Joschi hören, lauten: „Morgen schlafe ich aber aus!“ Verdient.
Die Workshops
Das Summit wäre kein Summit ohne Tag 2. An diesem Tag finden die Workshops statt. The Valley ist unser Gastgeber und bietet den 3 Gruppen mit insgesamt 50 Teilnehmenden einen hervorragenden Raum zum Konferieren und Aufschlauen.
Karl Groves widmet sich barrierefreien Formularen, Stephanie Eckles dem Thema "Beyond CSS" und wann und wie JavaScript für den Einsatz barrierefreier Widgets nötig ist. Erik Kroes vermittelt grundlegende Kenntnisse für das Testen digitaler Produkte. Zum Lunch finden sich alle froh und inspiriert in der Halle ein.
Schweren Herzens reiße ich mich am frühen Nachmittag los, um noch ein wenig Amsterdam kennenzulernen. Ich fahre Richtung Zentrum und mache einen langen Spaziergang in das Jordaan-Viertel, bummle entlang schmaler Kanäle und durch enge Gassen, um dann am frühen Abend in den Zug zu steigen. Von dort aus empfange ich noch das ein oder andere Signal aus dem A11yClub-Slack-Team, das mich zum Schmunzeln bringt.
Fazit
Es war ein großartiges Wochenende mit vielen schönen Begegnungen. Viele kannte ich bislang nur von Online-Veranstaltungen, und endlich gab es eine Gelegenheit, sich mal persönlich kennenzulernen. Es war viel Enthusiasmus, Neugier und gegenseitige Unterstützung spürbar. Es bleibt für uns alle, diese Energie in den Alltag mitzunehmen.
Ein großer Dank geht an alle Beteiligten. Das Publikum war wunderbar und wir sind überwältigt von den vielen positiven Rückmeldungen. Wir sehen uns wieder!